US-Berufungsgericht: Einreisestopp für Bürger muslimischer Länder bleibt außer Kraft

US-Berufungsgericht fügt Trump schwere Schlappe zu

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Ein US-Berufungsgericht, das United States Court of Appeals for the Ninth Circuit in San Francisco hat die Aussetzung des Vollzugs des von Präsident Trump angeordneten Einreisestopps für Bürger einiger muslimische geprägten Länder bestätigt.

Den Text der 29-seitigen Entscheidungsbegründung können Sie hier nachlesen:

UNITED STATES COURT OF APPEALS  FOR THE NINTH CIRCUIT

Was war passiert?

Am 27. Januar 2017 verhängte President Trump per Dekret („Executive Order“) ein Einreiseverbot (“Protecting the Nation From Foreign Terrorist Entry Into the United States”) für Bürger aus sieben vornehmlich moslemisch geprägten Ländern, nämlich Irak, Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen. Das Einreiseverbot sollte zunächst für 90 Tage gelten. Darüber hinaus verfügte er einen 120-tägigen Stopp für die Aufnahme jeglicher Flüchtlinge in die USA und ein unbefristetes Einreiseverbot für syrische Flüchtlinge.

Am 30. Januar 2017 reichte der US-Bundesstaat Washington Klage gegen die Executive Order Trumps ein, mit der Begründung, sie sei illegal und verletzte die Verfassung, unter anderem weil es nicht primär um den Schutz der USA vor Terroristen gehe, sondern ein generelles Einreiseverbot für Muslime gewollt sei. Dies sei religiöse Diskriminierung. Am selben Tag beantragte Washington im Wege eines Eilverfahrens eine einstweilige Anordnung („Temporary Restraining Order“), zu erlassen, mit der der Vollzug der Executive Order vorläufig untersagt werden sollte. Der US-Bundesstaat Minnesota schloss sich der Klage Washingtons und dessen Einantrag an.

Diesem wurde von dem US-Bundesgericht in Seattle (United States District Court for the Western District of Washington) stattgegeben. Der Vollzug der Executive Order wurde mit sofortiger Wirkung ausgesetzt.

Gegen diese Entscheidung legte die Regierung Trump Berufung („Appeal“) beim zuständigen Berufungsgericht, dem Court of Appeals for the Ninth Circuit in San Francisco, Kalifornien ein.

Die Entscheidung

Das Court of Appeals for the Ninth Circuit hat nun aufgrund der mündlicher Verhandlung am 07.02.17 (den Originalmitschnitt der Verhandlung können Sie hier hören) entschieden, dass die Aussetzung des Vollzugs der Executive Order in Kraft bleibt. Das heißt, Bürger aus den betroffenen Ländern können bis auf Weiteres in die USA einreisen, als hätte es das Dekret nie gegeben.

In der Begründung seiner Entscheidung musste sich das Berufungsgericht zunächst mit den Fragen auseinander setzen, ob eine Executive Order überhaupt einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt und ob US-Bundesstaaten eine Klagebefugnis gegen Executive Orders zukommt.

Nachdem das Gericht diese beiden Fragen bejaht hatte, wendete es sich der Klärung zu, welcher rechtliche Maßstab bei der Überprüfung der Executive Order zu Anwendung kommt. Dabei stellte es folgende Kriterien heraus:

(1) Die Wahrscheinlich des Obsiegens der einen oder anderen Partei in der Hauptsache (es geht hier schließlich nur um einen vorläufigen Vollzug bzw. die vorläufige Aussetzung der Executive Order bis zur Entscheidung in der Hauptsache) („whether the stay applicant has made a strong showing that he is likely to succeed on the merits“);

(2) Die Wahrscheinlichkeit eines irreparablen Schadens durch die Vollziehung oder die Aussetzung der Executive Order („whether the applicant will be irreparably injured absent a stay“);

(3) Die Frage, ob durch die Aussetzung der Vollziehung die Rechte Dritter beeinträchtigt würden („ whether issuance of the stay will substantially injure the other parties interested in the proceeding“); und

(4) Die Abwägung, ob eher die Vollziehung oder die Aussetzung der Vollziehung im öffentlichen Interesse liegt („where the public interest lies”)

Nach Prüfung all dieser Kriterien kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Berufung Trumps abzuweisen sei. Es bleibt damit bei der Aussetzung des Vollzugs der Executive Order.

Das Gericht stützt dieses Ergebnis im Wesentlichen darauf, dass es die Wahrscheinlichkeit des Obsiegens der Kläger in der Hauptsache für wahrscheinlich hält, und zwar weil die Executive Order in zweierlei Hinsicht gegen die Verfassung erstoße: Zum einen werde den Betroffenen Einreisewilligen kein rechtliches Gehör und keine Rechtsmittel gegen das Einreiseverbot gewährt. Dies sei eine Verletzung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips, dem Gebot des sog. „Due Process“ des 5. Änderungszusatzes der US-Verfassung („5th Amendment“). Zum anderen verletze die Executive Order religiöse Gleichbehandlungsgrundsätze („Establishment and Equal Protection Clauses“) die im 1 . Änderungszusatzes der US-Verfassung („1st Amendment“) verbrieft sind.

Aufgrund dieser Verfassungsverletzungen sei ein Obsiegen der Kläger in der Hauptsache wahrscheinlich, was für ein weiteres Aussetzen des Vollzugs des Dekrets spreche. Anschließend befasste sich das Gericht mit einer Abwägung der öffentlichen Interessen und der berechtigten Interessen der von der Executive Order Betroffenen („The Balance of Hardships and the Public Interest“) und kam zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung keinerlei Beweismittel einer immanenten Gefahr oder eines irreparablen Schadens vorlegt habe, der eintreten würde, wenn die Vollziehung des Dekrets ausgesetzt bliebe. Insbesondere sei kein Beweis dafür vorgelegt worden, das jemals ein Terroranschlag von einem Staatsangehörigen der von dem Einreisestopp betroffenen Länder auf amerikanischem Boden begangen worden ist.

Andererseits habe die zeitweise Vollziehung des Executive Order bereits zu „irreparablen Schäden“ auf seiten der Kläger und geschützter Dritter dadurch geführt, dass Mitarbeiter der Universitäten der klagenden US-Bundesstaaten ihren Dienst nicht antreten konnten (insofern seien die Bundesstaaten selbst betroffen); und dadurch, dass Familien auseinander gerissen worden seien, und dass rechtmäßige Bewohner der klagenden Bundesstaaten auf Flughäfen im Ausland festgesessen hätten.

Schließlich habe die Regierung auch sonst in keiner Weise darlegen können, warum das Einreiseverbot im nationalen Interesse sei.

Trump hat bereits angekündigt, gegen die Entscheidung des „Ninth Circuit“ Rechtsmittel einlegen zu wollen. So wird die Angelegenheit wohl vor dem höchsten amerikanischen Gericht, dem United States Supreme Court landen.

Stay tuned…

 

 

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